Sorgen mit Opas Haus in Italien

Viele Schweizer besitzen ein Bauernhaus in der Toskana oder eine Finca auf Mallorca. Den Erben bereitet man mit einer solchen Immobilie aber nicht nur Freude, denn das Antreten des Erbes ist aufreibend und teuer.

Werner Grundlehner
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Beim ersten Besuch noch ein Traum, kann ein geerbtes Ferienhaus im Ausland zum Albtraum werden. (Bild: Keystone / AP)

Beim ersten Besuch noch ein Traum, kann ein geerbtes Ferienhaus im Ausland zum Albtraum werden. (Bild: Keystone / AP)

Ratsam ist es, falls man Immobilien im Ausland erbt, einen Anwalt zuzuziehen. Fachleute erklären, es sei ein Zeichen von Seriosität, wenn die beauftragte Kanzlei mit einem Experten vor Ort zusammenarbeiten würde, denn alle lokalen Regelungen und Gepflogenheiten könne kein Schweizer Jurist kennen.

Verschiedene Rechtssysteme

Die EU regelt zwar die Krümmung der Banane, es gibt aber kein einheitliches Erbschafts- und Steuerrecht. Ausserhalb Europas ist die Lage noch heikler. Während es für die Einkommens- und Vermögenssteuer ein OECD-Musterabkommen zur Doppelbesteuerung gebe, die als Basis dienten, sei dies beim Erbrecht nicht der Fall, sagt Jürg Birri, Leiter der KPMG-Rechtsberatung. Die Konzepte seien beim Erbrecht von Land zu Land sehr unterschiedlich, beispielsweise hinsichtlich der Basis – also ob Erben oder der Nachlass besteuert wird oder wo die Steuerpflicht entsteht. Birri führt einen Streitfall mit Österreich an, eines der wenigen Länder, mit denen ein Doppelbesteuerungsabkommen im Bereich Erben bestehe. Die Differenzen seien entstanden, weil der Erblasser in der Schweiz gemeldet gewesen sei und Steuern gezahlt, effektiv aber in Österreich gewohnt habe.

Ein Advokat meint, Grundstückbesitz im Ausland sei immer heikel. Ideal wäre es, man würde bereits beim Kauf des Objekts an das Vererben denken. Auch das sei aber nicht immer problemlos. So sei einem Schweizer Hauskäufer an der französischen Mittelmeerküste von lokalen Advokaten eine «massgeschneiderte Lösung» präsentiert worden, die schliesslich aber in der Schweiz gar nichts gebracht habe.

Erben von Vermögenswerten im Ausland müssen als Erstes abklären, welches Recht greift. Bei einigen Staaten wie beispielsweise Italien, Spanien oder Deutschland entscheidet die Staatsangehörigkeit des Verstorbenen, welches Erbrecht angewendet wird. In anderen Ländern wie Frankreich, Belgien oder Grossbritannien entscheidet der letzte Wohnsitz des Erblassers.

Damit ist die Aufteilung des Erbes geklärt, aber nicht die Besteuerung. Wenn eine Immobilie im Ausland geerbt wird, braucht das Schweizer Steueramt die Angaben. Der Wert des Hauses wird zum Vermögen addiert, allfällige Einnahmen zum Einkommen. Diese Werte werden zur Festlegung des Steuersatzes gebraucht. Versteuert werden müssen Wert und Ertrag in der Schweiz jedoch in der Regel nicht – sondern im Land, in dem das Haus steht. Hier kann es böse Überraschungen geben: So können die Erbschaftssteuern bis zu 80% des Immobilienwertes ausmachen. Grundsätzlich sei es so, dass man eine Steuer nur in einem Land zahlen müsse, erklärt Birri. Er habe aber auch schon Fälle gehabt, in denen Erbschaftssteuern von Frankreich und der Schweiz erhoben worden seien, weil der Verstorbene in der Schweiz wohnte, die Mehrheit der Erben indes in Frankreich lebte. Die nachträgliche Vermeidung der Doppelbesteuerung sei ein aufwendiges Unterfangen.

Die Besteuerung lässt sich jedoch reduzieren: Beim Kauf können die Erben bereits als Eigentümer ins Grundbuch eingetragen werden. Damit fällt zumindest für eine Generation der Erben keine Erbschaftssteuer an. Dem wirtschaftlichen Berechtigten kann zur Sicherung seiner Rechte ein lebenslängliches Nutzniessungsrecht bestellt werden. Oder der Kauf des Hauses wird über eine juristische Person abgewickelt. Stirbt der Eigentümer, ändert sich an den Besitzverhältnissen nichts. Die Aktiengesellschaft bleibt Eigentümerin. Die Übertragung der Aktien wird nach Schweizer Recht vorgenommen – sie bleibt im Falle der Ehegatten und Nachkommen steuerfrei. In Grossbritannien erwirbt kaum jemand im eigenen Namen Immobilienbesitz; meist gründet man Zweckgesellschaften.

Unterschiedliche Beweiskraft

Doch bevor man sein Erbe in Anspruch nehmen kann, muss man beweisen, dass einem das Grundstück überhaupt gehört. So gibt es zwar überall Grundbücher, diese haben aber nicht die gleiche Aussagekraft. In den USA ist ein Grundbucheintrag kein Beweis des Besitzes, man benötigt die Kaufurkunde. Liegt diese nicht vor, braucht es bis zu einem halben Jahr, um den Besitz zu beanspruchen. Auch wenn es meist nicht nötig wäre, vereinfacht ein separates Testament am Standort die Eigentumsübertragung. Zudem stellt die notarielle Beglaubigung sicher, dass die lokalen Formvorschriften gewahrt sind.

Weil sich eine Immobilie schlecht aufteilen lässt, entschliessen sich Erben oft zum Verkauf. Hier sollte man aber nichts überstürzen: Immobilienpreise folgen mehrjährigen Zyklen, die oft anders aussehen als in der Schweiz. Die Erbengemeinschaft könnte das Objekt als Alternative vermieten. Birri weist darauf hin, dass es keinen Zeitrahmen gebe für das Verteilen des Erbes. Eine Erbengemeinschaft kann theoretisch ewig bestehen bleiben – wobei das Konfliktpotenzial unter den Erben mit den Jahren zunimmt.

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