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Vorstoß zur Pkw-Maut Ramsauer macht Blitz-Rückzieher

Erst spricht der neue Verkehrminister Ramsauer über Prüfungspläne für eine Pkw-Maut - Stunden später will er nichts mehr davon wissen. Nach erstem Protest gegen den Vorstoß verkündet der CSU-Politiker plötzlich: Das Thema stehe gar nicht auf der Tagesordnung.
Verkehrsminister Ramsauer: "Von Pkw-Maut ist im Koalitionsvertrag nirgends die Rede"

Verkehrsminister Ramsauer: "Von Pkw-Maut ist im Koalitionsvertrag nirgends die Rede"

Foto: Z1032 Arno Burgi/ dpa

Berlin - Will der neue Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer eine Pkw-Maut auf deutschen Straßen einführen? Es hörte sich ganz so an. Die "Passauer Neue Presse" hatte berichtet, Ramsauer wolle eine allgemeine Maut prüfen lassen. "Wir wollen, dass das Straßennetz stärker durch die Nutzer finanziert wird. Die Lkw-Maut war ein Anfang", zitierte das Blatt den CSU-Politiker. Bei der Pkw-Maut stehe die Diskussion allerdings noch am Anfang. "Wir wollen, dass alle Handlungsoptionen auf den Tisch kommen und geprüft werden. Dafür werden wir in Kürze eine Expertenkommission einsetzen", erklärte Ramsauer dem Blatt zufolge.

Ramsauer selbst relativierte seine Äußerungen nach dem großen öffentlichen Echo umgehend. "Von einer Pkw-Maut ist im Koalitionsvertrag nirgends die Rede", sagte Ramsauer am Donnerstag in Berlin. "Das Thema steht deshalb auch nicht auf der Tagesordnung. Ich mache mich jetzt so schnell wie möglich daran, Vorgaben des Koalitionsvertrags umzusetzen."

Die Einführung einer Pkw-Maut war in den schwarz-gelben Koalitionsverhandlungen von der FDP ins Spiel gebracht worden. Die Union auf Bundesebene lehnt eine solche Belastung der Autofahrer ab. Die Debatte zielt nun auch gegen die Haltung von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Merkel hatte im Wahlkampf der Pkw-Maut eine Absage erteilt und gesagt, sie sehe das Thema in dieser Wahlperiode definitiv nicht.

Dagegen sprach sich der designierte Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Stefan Mappus, für eine Maut aus. "Ich hoffe, dass wir das noch in dieser Legislaturperiode durchsetzen können, denn jedes Jahr ohne Maut ist ein verlorenes Jahr", sagte der CDU-Politiker der "Financial Times Deutschland". Mappus schlug vor, die Kfz-Steuer zu streichen und die Mineralölsteuer zu senken. Die deutschen Steuerzahler würden demnach nach Einführung der Maut "im Durchschnitt so viel wie bisher" zahlen. "Aber durch die ausländischen Nutzer hätten wir über Nacht 20 Prozent Mehreinnahmen", sagte Mappus.

"Mit der Maut sollen die Steuergeschenke von Schwarz-Gelb bezahlt werden"

Er begründet seinen Vorstoß vor allem mit dem Sanierungsstau im Fernstraßennetz: "Mit der klassischen Steuerfinanzierung können wir auf Dauer nur den Mangel verwalten. Das bringt nichts." Nachholbedarf sehe er insbesondere im Westen. "Neue Länder und angrenzende alte Länder sind in der Vergangenheit stark gefördert worden. Wir haben deutlich weniger bekommen."

Die SPD dagegen lehnt eine PKW-Maut auf Autobahnen entschieden ab. "Eine solche Maut wäre eine Belastung für die, die lange Wege zur Arbeit haben", sagte der für Verkehr zuständige stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Florian Pronold, SPIEGEL ONLINE. "Mit der Maut sollen die Steuergeschenke von Schwarz-Gelb bezahlt werden. Dann zahlen die Pendler die Zeche für die Ärzte und Rechtsanwälte."

Außerdem hätte eine PKW-Maut auf Autobahnen eine massive Verkehrsverlagerung zur Folge. "Viele würden dann aus Kostengründen auf die Landes- und Bundesstraßen ausweichen, also auf die unsichereren Straßen", sagte Pronold. "Dann gibt es mehr Tote." Ramsauers Vorstoß habe seiner Meinung nach keine Chance, umgesetzt zu werden. "Die CSU wird damit denselben Schiffbruch erleiden, wie bei der Pendlerpauschale. Erst werfen sie etwas in den Ring, dann wollen sie es nicht gewesen sein." Der rheinland-pfälzische Verkehrsminister Hendrik Hering (SPD) lehnt eine Pkw-Maut mit gleichlautenden Argumenten ab.

Immer wieder Vorstöße aus Bayern und Baden-Württemberg

Der Auto Club Europa (ACE) hat ebenfalls nichts für eine Pkw-Maut zur Finanzierung des Straßenbaus übrig. Im Koalitionsvertrag sei noch hoch und heilig versprochen worden, dass Mobilität für alle bezahlbar bleibe, sagte ACE-Sprecher Rainer Hillgärtner. Der ACE zeigte sich grundsätzlich offen für konstruktive Diskussionen über neue Formen einer tragfähigen Verkehrswegefinanzierung. Ziel müsse es sein, künftigen Generationen eine intakte und auf deren Bedürfnisse zugeschnittene Verkehrsinfrastruktur zu hinterlassen.

Die Pkw-Maut ist in den vergangenen Jahren wiederholt aus Baden-Württemberg und Bayern ins Gespräch gebracht worden. Zuletzt hatte sich auch der frühere Vize-Fraktionschef der Union und jetzige CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich offen für die Idee gezeigt. Die Einnahmen müssten aber komplett zusätzlich in den Straßenbau fließen. Die Maut könne dann noch in dieser Wahlperiode auf den Weg gebracht werden. Auch der FDP-Verkehrsexperte Patrick Döring hatte sie als eine Option bezeichnet, um die Unterfinanzierung im Straßenbau zu beenden.

Die Idee der Pkw-Maut war bereits von der sogenannten Pällmann-Kommission im Jahr 2000 genannt worden, die sich über die Finanzierung von Verkehrswegen im Auftrag der damaligen rot-grünen Bundesregierung Gedanken machen sollte. Die Maut wurde aber damals wegen des großen Widerstandes unter anderem der Automobilclubs nicht wieder aufgegriffen.

ffr/AP/dpa/ddp/Reuters