Katar – eine gute Wahl!

Sepp Blatter hat heute wieder einmal gezeigt, welch weiser Mann er sein kann: Die WM 2018 findet in Russland statt (was eine Gewähr für friedliche Spiele ist, denn da kommt die deutsche Truppe nicht weit – spätestens vor Moskau ist Schluss); vier Jahre später steigt das Turnier in einem Wüstenstaat, der weitaus besser ist als sein Ruf.


VON CLAUDIO CASULA*


Die Fifa hat ihre Entscheidung getroffen: Die Fußball-Weltmeisterschaft 2022 wird in Katar stattfinden, einem Land mit reicher Fußballtradition. Man braucht den Namen des Rekordmeisters Al-Sadd (zwölf Titel!) nur zu erwähnen, um bei Fußballfreunden auf dem gesamten Globus ein spontanes Zungeschnalzen auszulösen. Eigentlich unverständlich, dass Bundesliga-Kicker wie Mario Basler und Stefan Effenberg den Weg in den sympathischen Wüstenstaat (Sharia als Grundlage der Gesetzgebung, Geschlechtertrennung, kein Parlament, keine politischen Parteien und ähnliches Gedöns) erst fanden, als ihre aktive Karriere beendet war.

Doch nicht nur Katars Ruf, eine der größten Sportnationen der Welt zu sein, rechtfertigt die Entscheidung des Weltfußballverbands. Auch die klimatischen Bedingungen sprechen für das Eine-Million-Einwohner-Land, das zu 20 Prozent von Einheimischen und zu 80 Prozent von Heloten aus Indien, Pakistan, Iran und anderen Ländern sowie von Wüstenspringmäusen, Geckos und Waranen bevölkert wird: Die Luftfeuchtigkeit liegt bei 85 Prozent – eine Herausforderung für die Hersteller atmungsaktiver Trikots und ein Ansporn für die Weltstars, im Schweiße ihres Angesichts nach dem WM-Pokal zu greifen. Temperaturen von 45 Grad im Schatten, wo es keinen Schatten gibt, sind die ideale Voraussetzung für schnellen, modernen Kombinationsfußball, tiki-taka vom Feinsten.

Zu Unrecht wird der Appendix Saudi-Arabiens am Persischen Golf als „unfruchtbar und verödet, unwirtlicher noch als die anderen arabischen Wüstenstaaten“ (Wikipedia) geschmäht. Auch das Gerücht, Katar habe die Ausrichtung des Turniers mehr seinem Reichtum an Erdgas- und -ölvorkommen zu verdanken als den sportlichen Voraussetzungen, entbehrt jeder Grundlage. Das bestätigte Sepp Blatter heute in Zürich, während er einen zweiten, prall gefüllten Umschlag in sein Jackett gleiten ließ.

* Claudio Casula schreibt im Schweiße seines Angesichts für das Weblog Spirit of Entebbe und ist Fan eines Bundesligaklubs, der Ende der 1970er Jahre auf seinem atmungsinaktiven Trikot für Erdgas geworben hat.